Brautkranz hinter Glas

Brautkranz hinter Glas

Ein schon ziemlich alter Brauch ist es, sich als Erinnerung an Menschen oder herausragende Geschehnisse iko­nenähnliche Bilder aufzustellen. 

 

Bis ins 20. Jahrhundert waren sogenannte Kastenbilder weit verbreitet. In diesen Kastenbildern, oft eigentliche Bilderkasten, befestigte man Objekte, Blumenkränze, Sprüche, kurze Texte, Fotos und / oder anderes und hängte das Ganze an die Wand oder stellte es in eine oft altarähnlich gestaltete Ecke in der guten Stube. Herge­stellt wurden diese Bilder nach freudigen Anlässen wie Hochzeiten oder einer Taufe, bei ausserordentlichen Aus­flügen oder speziellen Auszeichnungen. Aber auch nach einem Todesfall wurden zur Erinnerung Blumen und Bildnisse zum Gedenken in Bilderkästen aufbewahrt.

 

In unserem Objekt in der Ronmühle befinden sich unmissverständlich der Brautkranz mit zwei kleinen Sträuss­chen, den Boutonnières, die in der Regel nur der Bräutigam und der Trauzeuge tragen. Das eigentlich Ausseror­dentliche besteht darin, dass weder ein Hochzeitstermin noch ein Bräutigam erwähnt sind. Das Etikett über dem Brautkranz trägt nur die Aufschrift "Andenken für Marie Crettin-Jermann an die Hochzeit". Interessant sind auch die künstlichen Blütenknospen mit nur wenigen offenen Blüten aus Papier, Draht und Seide. Sie scheinen Myrte darzustellen, eine Pflanze, die noch im Mittelalter als Symbol von Segen und Lebenskraft galt und ab dem 17. Jahrhundert vor allem als Hochzeitspflanze bekannt wurde. Die Myrtenkränze waren damals so teuer, dass man sie behutsam trocknen liess und sie das ganze Leben lang aufbewahrte. Unser Kastenbild stammt der Machart nach von etwa 1900.

 

Alle diese liebevoll angefertigten Kastenbilder sind einst mit besonderen Geschichten in Verbindung gestanden, die sich im Gedächtnis der Familie, Verwandtschaft, unter Freunden, Bekannten und in der Nachbarschaft auf­rechterhielten, heute aber längst vergessen sind.